Nach dem Kieler Matrosenaufstand vom 3. November breitet sich die Revolution im ganzen Reich aus, überall entstehen Arbeiter- und Soldatenräte. Der deutsche Kaiser Wilhelm II geht ins niederländische Exil und dankt ab. Als erstes Land ruft Bayern die Republik aus. Am 9. November überschlagen sich die Ereignisse. Der führende Politiker der SPD Philipp Scheidemann ruft in Berlin die Republik für ganz Deutschland aus. Württembergs beliebter König Wilhelm II, der sich einer demokratischen Verfassung nicht entgegenstellt, verlässt verbittert am Abend des 9. Novembers Stuttgart und reist nach Bebenhausen ab, nachdem Revolutionäre ins Wilhelmspalais eingedrungen waren. Stuttgart wird er nicht mehr wieder betreten, seinem letzten Willen gemäß wird sein Sarg nach seinem Tod bei der Überführung nach Ludwigsburg an Stuttgart vorbei geführt.
Am 11. November ist der Krieg zu Ende, in Compiègne unterzeichnen Deutschland, Frankreich und England den Waffenstillstand. Die Bedingungen für das deutsche Reich sind hart. Gefordert wird unter anderem, dass sich die deutschen Truppen binnen 15 Tagen aus den besetzten Gebieten Frankreichs, Belgiens, Luxemburgs uns aus Elsass-Lothringen zurückziehen.
Auch durch Weil der Stadt ziehen nun Truppenteile und einzelne Soldaten, die von der Front in die Heimat zurückkehren. Der Bevölkerung in der Heimat, der es selbst nach vier Jahren Krieg an allem mangelt, stellt sich die fast unlösbare Aufgabe, die durchziehenden Truppen über Nacht einzuquartieren und mit Lebensmitteln zu versorgen. Stadtschultheiß Hermann Schütz und Wochenblatt-Redakteur Julius Raeth appellieren noch einmal an die Opferbereitschaft der Bürger:
„Die zurückkehrenden Truppen haben unsern deutschen Boden 4 Jahre lang vor dem Einfall unserer Feinde bewahrt, wodurch wir von den Schrecken des Krieges bisher verschont geblieben sind. […] Darum sei uns keine Einschränkung zu schwer, kein Opfer zu groß, um diesen Männern unsern Dank zum Ausdruck zu bringen und ihnen ihre Entbehrungen zu erleichtern. Dank durch die Tat heißt es jetzt! Darum: Die Häuser auf für unsere Helden, die Scheunen für die braven Pferde! Keine Diebe sind es oder gar Feinde, die kommen, sondern deutsche Väter, deutsche Söhne, laßt sie die Heimat fühlen. Herzlich willkommen, ihr Braven!“
Die Stadtverwaltung lässt das untere Tor zur „Willkommenspforte“ schmücken und die Häuser beflaggen, als die Meldung eintrifft, dass verschiedene Fliegerabteilungen der 19. Armee mit Soldaten aus Preußen und Sachsen in Weil der Stadt Quartier machen. Der Herausgeber des Wochenblatts ist sich sicher, dass die Weiler Hausfrauen von ihrem knappen Mehlvorrat etwas abzweigen werden, „um den norddeutschen Mitbeschützern der deutschen Heimat durch Verabreichung einer sättigenden ‚Spätzleskost‘ den Dank zum Ausdruck zu bringen.“
Die Jugend wird ermahnt, sich angesichts des verstärkten Verkehrs auf den Straßen nicht an die durchfahrenden schweren Lastautos anzuhängen, um den Rückzug aus dem Feindesland nicht aufzuhalten.
In Weil der Stadt bleibt es anders als in den Großstädten trotz Revolution relativ ruhig. Am 17. November klärt ein Referent der SPD aus Stuttgart die Weil der Städter in einer Versammlung in der Hechtbrauerei über die wahren Kriegsursachen und die Pläne der provisorischen Regierung auf. Die Weil der Städter vernehmen mit Genugtuung, dass die bürgerlichen Parteien sich den Mehrheitssozialisten in Stuttgart angeschlossen haben. Zum Schluss der Versammlung stellen sich die in der Hechtbrauerei versammelten Weil der Städter einmütig hinter eine Resolution, die die Politik der Mehrheitssozialisten in Stuttgart gutheißt und sich von der USPD und den Spartakisten absetzt: „Die Versammlung steht auf dem Boden der Revolution und betrachtet die provisorische Regierung als das oberste Organ der Republik Württemberg. Sie betrachtet die provisorische Regierung als das oberste Organ der Republik Württemberg und ist entschlossen, diese Regierung bei der Durchführung all ihrer Maßnahmen im Interesse des Volkswohls zu unterstützen. Sie anerkennt die Arbeiter- und Soldatenräte als Organe der neuen Volksregierung und erklärt sich grundsätzlich für die sozialistische Wirtschaftsweise, mit der Einschränkung, dass diese nicht gewaltsam sondern nur durch Aufklärung und Erziehung und durch internationale Verständigung erreicht werden kann.“
Am Sonntag dem 1. Dezember lädt ein Mitglied des Vollzugsausschusses namens Eckert zur großen Volksversammlung in den oberen Saal des Gasthofs zur Post. Die Versammlung ist so gut besucht, dass viele stehen müssen und ein großer Teil aus Platzmangel wieder nach Hause gehen muss. Eckert referiert über die Ereignisse der letzten Wochen und ruft zu Bildung eines Arbeiterrats auf. Es entsteht eine lebhafte Debatte, bei der auch kritische Stimmen zu hören sind. So von Professor Bauser aus Merklingen, der die Führungsrolle der SPD als einzige Volkspartei in Frage stellt. Und es sind erste antisemitische Äußerungen zu hören, so von Vikar Popp, der meint, dass der Einfluss der Juden beschränkt werden müsse.
Man ist sich uneins, welchen Namen der neue Rat erhalten soll: Soldatenrat oder Bauernrat. Man verständigt sich darauf, die Delegierten nach Berufsgruppen zu wählen. Um allen Bevölkerungsgruppen auch in der Namensgebung gerecht zu werden, einigt man sich salomonisch auf die Bezeichnung Volksrat. Tags darauf treffen sich die geistigen Arbeiter und Kaufleute in der Hechtbrauerei und wählen die Kaufleute Maurer und Retter sowie Hauptlehrer Schüßler zu ihren Delegierten. Die Handwerker wählen im Gasthaus „Zum Bären“ Bäcker Ernst Schirott, Buchbinder Anton Gall, Sattler Anton Reeble und Wagner Anton Beck, die Landwirte tagen im „Juden“ und wählen Adlerwirt Leist, Judenwirt Karl Wolf, Müller Anton Beyerle und Bauer Joseph Rau. Die Arbeiter schließlich versammeln sich im Gasthaus „Zur Kanne“ und wählen den Fasser Gotthilf Müller, Schuhmacher Gustav Diebold, Fasser Hans Müller und Weber Karl Wurster zu ihren Räten.
Der neugewählte Volksrat ermächtigt sich in seiner ersten Sitzung am 12. Dezember selbst, künftig vier Volksräte zu den Sitzungen des Gemeinderates in beratender Funktion ohne Stimmrecht zu entsenden. Diese Konstellation hat bis zur Wahl des neuen Gemeinderats im Mai 1919 Bestand.