Bier und Bierschau Bericht der Bierschau-Kommission vom 22.November 1823

Archival des Monats

Die Kontrolle der örtlichen Bierbrauer oblag im 19. Jahrhundert der städtischen Verwaltung in Weil der Stadt. Zu diesem Zweck setzte die Stadtverwaltung am 16. November 1823 eine Anweisung für die Bierschauer auf. Die Kontrolle der Brauereien war ein Novum in Weil der Stadt, vorher hatte es sie nicht gegeben.

Als Bierschauer wurden die Stadträte Laumayer und Kappler aufgestellt, die für ihren Dienst jeweils 10 Gulden erhielten. Die Bestimmungen orientierten sich an einer Mustersatzung der Oberamtsstadt Rottenburg. Ziel der Weil der Städter Bierschau war zum einen, die Qualität des heimischen Biers zu sichern. Ein weiteres Motiv war, über eine Biersteuer der Stadtkasse neue Einkünfte zu schaffen.
Nach der Genehmigung der Bierschau-Instruktion durch das Oberamt Leonberg traten die Bierkontrolleure Laumayer und Kappler am 22. November 1823 erstmals in Aktion und verfassten darüber das nachstehende Protokoll.



Transkription[1]:
 
„Actum Weilderstadt den 22. ten November 1823
Nach der am obig besagten Tag vorgenommenen Bierschau haben die Unterzeichnete erhoben, das im Algemeinen hiesige Stadt mit recht gutem Bier versehen ist, indeme dabei gefunden wurde, das Bier bei den Brauern vorhanden, welches 13 Grad gewogen und an Milde und Geschmack jedem guten zeughaltigen Bier gleich steht, insbesondere aber keines vorhanden, das nicht 8 Grade wohl gewogen und nirgendts eine schädliche Ingredienz verspürt wurde.
 
Nach Untersuchung der Mälz und sonstiger Überzeugung, das hier auch selbst gewachsenen Hopfen zu erwarten ist, das auch weiterhin kein Mangel an gutem braunen Bier für diesen Wintergebrauch stattfinden wird, zumahl da der Brauer mehrere und sich einer mit dem andern in der Güte seines Biers wegen Absatz zu messen suchen muß.
Um aber die Taxe nach Zeughaltigkeit der betrofenen Bier bestimmen zu könen, folgt hiernach eine für hier angemeßne Berechnung der nothwendigen Requisiten nebst denen zu einem Sud Bier benöthigte Auslagen. Nach Angabe der Bierbrauer sind die Keselgehalt zerschieden und somit das Gebräu auch ungleich. Indem der eine einen Keßel von 3 und der andere von 1 Eimer hat.
 
So aber jedenoch im Durchschnit im Hinblik auf die stärkste ziemlich auf ein Gebräu 2 Eimer komen, welchem


[1] Buchstabengetreue Umschrift, Groß- und Kleinschreibung, Zusammenschreibungen sowie Satzzeichensetzung nach heutigem Gebrauch; allgemein verständliche Abkürzungen ausgeschrieben.


sonach auch die Berechnung gemacht. Vom 1ten November bis 1ten April Braunes Winterbier angenomen per Sud 2 Eimer 10 Maas, durchs Jahr 26 mal zu sieden.
 
1. Brauhaus Capidal, Kesel und Braugeschir nebst Unterhalt zu 1040 fl angenomen auf 1 Jahr. Zinß Hieraus 52 fl, per Sudt = 2 fl[1] x Hl

2. Zu jedem Sud einen sogenanten Schrol oder Taglehner 1 Jahr 39 fl per Sudt = 1fl 30 x
 
3. Maltz hinzu 2 Eimer[2] 10 Maas 1 Schefel 6 Sri, à Sri 35 x = 8fl 10x

4. Hopfen 5 ½ Pfund à 24 x = 2fl 12x
 
5. Hartes Holz ½ Viertel, per Klafter[3] 13fl. 20x, per Sudt = 1fl 40x
 
6. Weiches Danen Holz, 1 Viertel, per Klafter 8 fl, per Sudt = 2fl
 
7. Malzbrecherlohn, per Schefel 10 x, per Sudt =  17x 3Hlr

8. Ferner dem Müller herkömlich 2 Maas Bier und Trinkgeldt dem Knecht = 16x
 
9. Kesselgeldt, jährlich 12 fl, per Sudt =  27x 4Hlr

10. Liechter, 1 ½ Pfund gezogene auf den Sudt à 16 x = 24x

11. Beessen und Schaufel 1 Jahr 1 fl 42x, per Sudt =  4x
 
12. Gewerbssteuer allenfals 4 fl 20 x =  10x
 
13. Kieffer- und Bindtnerlohn 12 fl 34 x =  29x
 
14. Hartz und Calvoni, 16fl 12 x mit Intresse, per Sudt =  36x
 
15. ZunAnschaffung neuer Fäßer, jährlich 2 Eimer à 4 fl  6  x, per Sudt =  22x
 
16. Gewerbs-Capidahl für Gersten 45 Schefel[4] 4 Sri à 4 fl 40 x, 215 fl 20 x
 
17. Zinß hieraus von einem halben Jahr, 5 fl 22 ½ x, per Sudt = 12x 2Hlr

18. Hopfen Capidahl von 143 Pfund à 24 x tut 58 fl, Zinß von einem ½ Jahr
      1fl 26 x, per Sudt =  3x 3Hlr

19. Holz Caidahl 3 ¼ tels Klafter hertes à 13 fl 20 x tut 46 fl 40 x Zinß 1 fl 10x = 2x 4Hlr

20. Holz Capidahl weiches 6 ½ Klafter à 8 fl tut 52 fl, ½ Jahr Zinß, per Sudt =  4x
 
21. Faß-Capidahl zu 50 Eimer, per Eimer 3 fl [tut] 150 fl, das durchs Jahr
      angenomen 7 fl 30x =  17x 3Hlr

22. Umgeld von 2 Eimer 10 Maas à 6 x [tut] 3 fl 18, davon 1/8 Hausbrauch
      24 x 3 Hl, per Sudt =  2fl 53x 3Hlr

23. Halbthaler Geld per Eimer 45 x,  à Eimer 2 x tut = 1fl 30x
 
24. Halb Accis vom besagten Umgeld = 1fl 26x 4 1/2Hlr

25. Verlagert, verschüt etc. per Eimer wenigstens 5 Maas à 4 x = 20x
 
26. Insgemein = 24x
 
Suma Auslag = 28 fl 11 x 2 ½ Hl

[1] 1 fl (Gulden) = 60 x (Kreuzer) = 480 Hlr (Heller)
[2] 1 Eimer = 3,06 Hektoliter, 1 Maaß = 1,83 Liter
[3] 1 Klafter = 2,905 m³
[4] 1 Scheffel = 177,22 Liter = 8 Simri (je 22,15 Liter)



Einnahm von dem besagten Sudt Bier da 10 Maas ohne etwas daraus zu lösen abfallen, so komen hier nur 2 Eimer in Berechnung. Unmasgeblich ist aber dem Braur wohl zu gönen, das er an der Maas 1 x 5 Hlr Profit hat. Indem bei den großen Brauereien, wo mehrere 100 Eimer ausgeschenkt werden, 1 ½ x per Maas angenomen wird, wollte nun wohllöblicher Stadtrath dieser der Bierschauer Meinung beipflichten, so kann erst die Berechnung gemacht werden, was die Maas besagten Biers kosten solle und bleibt bis dahin die zu entwerfende Sume der Erlöß ausgesetzt.
 
Aus Heffen kan erlößt werden, Unterhefen per Sudt 1fl 20x
 
Faß-Heffen per Sudt  40x
 
Satz-Daigen, Glatwaßer-bermening abtauen,was alles zum Brandtwein-Brenen kann benutzt werden = 55x
 
Träger-Asche zusammen = 50x
 
 
Das Erforderniß dieses Bier ist das es nebst Helle, gutem Geschmack 10 Gradt wägen solte.
 
Damit wird dem wohllöblichen Stadtrath die Verfügung anheim gestelt,wie das Bie solle ausgeschenkt werden.
 
Von Bierschau-Comisions  wegen
 
Laumayer
Johan David Kappler“