Streuobstumwandlung hat vor Verwaltungsgericht Bestand
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Neubaugebiet Häugern-Nord in Weil der Stadt
Die Stadtverwaltung informiert, dass das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klagen zweier Naturschutzverbände gegen die Streuobstumwandlung im Neubaugebiet Häugern-Nord abgelehnt hat (Beschlüsse vom 22.11.2024). Die Genehmigung, den Streuobstbestand zu fällen, war bereits im Juli 2024 erteilt worden und wurde nun vom Verwaltungsgericht als rechtmäßig bestätigt. Die Stadt hat daher mit der Umwandlung am Montagmorgen, 25.11.2024, begonnen. Da die Naturschutzverbände allerdings umgehend Rechtsmittel eingelegt haben, wurde die Umwandlung im Laufe des Vormittags auf Anordnung des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim wieder gestoppt.
Die Fällung der Bäume ist die Voraussetzung für die Umsetzung des Bebauungsplans Häugern-Nord, mit dem dringend benötigter Wohnraum geschaffen werden soll. Der Aufstellungsbeschluss wurde bereits 2017 gefasst. Unter anderem, da der Landtag im Jahr 2020 während des laufenden Verfahrens das Naturschutzgesetz geändert hat, hat sich die Planung seither immer wieder verzögert. Geplant werden 370 Wohneinheiten für circa 806 Bewohner sowie ein Nahversorger samt KITA und ein Hotel.
Der „Streuobstparagraf“ (§33a Naturschutzgesetz Baden-Württemberg) besagt, dass Streuobstbestände mit einer Fläche von mehr als 1.500m² erhalten werden sollen, sofern die Erhaltung im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Im vorliegenden Fall war der Erhalt gegen den hohen Wohnraumbedarf in der Stadt, im wirtschaftsstarken Landkreis Böblingen und in der Region Stuttgart abzuwägen, in der die Stadt Weil der Stadt regionalplanerisch ein Unterzentrum mit Siedlungsschwerpunkt entlang der S-Bahn-Achse bildet. Das Neubaugebiet soll in circa 600 Meter Entfernung vom Weiler Bahnhof entstehen.
Die Stadtverwaltung weist ausdrücklich darauf hin, dass der Fällung der etwa 140 Streuobstbäume im Plangebiet Neupflanzungen von 284 Obsthochstämmen in einem räumlichen Abstand von maximal 4 Kilometern zum Plangebiet gegenüberstehen. „Mir ist der Erhalt unserer Streuobstwiesen sehr wichtig. Wenn die Naturschutzverbände allerdings hier vom Wegfall eines Streuobstbestandes sprechen, dann ist das eine Irreführung der Öffentlichkeit“, so Bürgermeister Christian Walter. „Es gibt nachher deutlich mehr Streuobst auf unserer Gemarkung als vorher.“ Leider ließen die Verbände diesen Teil der Wahrheit in ihren Stellungnahmen und Veröffentlichungen grundsätzlich weg. Rechne man planinterne Maßnahmen mit ein, so betrage der Ausgleichsfaktor sogar 2,2. Zudem seien zum funktionellen Ausgleich in der Umgebung bereits 40 Brutvogelnistkästen und 40 Fledermauskästen aufgehängt worden.
Weshalb die Naturschutzverbände ausgerechnet Weil der Stadt zu einem Präzedenzfall machen wollten, könne er nicht nachvollziehen, so Walter weiter. Es gehe hier keineswegs um die letzte Weiler Streuobstwiese, für die man sich derart verkämpfen müsse. In Weil der Stadt gibt es nach Schätzungen der Verwaltung insgesamt 168 Hektar Streuobstbestände. Über die Hälfte der Gemarkungsfläche ist als Landschafts-, Natur- oder FFH-Schutz-Gebiet geschützt.
Insgesamt sah das Verwaltungsgericht hier einen „atypischen Fall“. Zum hohen Wohnraumbedarf kommt der Umstand, dass das Plangebiet Häugern-Nord räumlich alternativlos sei, da die Gemarkung der Stadt von einer schwierigen Topographie wie auch durch zahlreiche Schutzgebiete geprägt ist, sodass eine städtebaulich sinnvolle Umsetzung des Vorhabens nur im Plangebiet und nirgends anderswo erfolgen könne. Dies hatte die Stadt im Vorfeld umfassend untersucht und begründet.
Insbesondere über die Argumentation der Naturschutzverbände, dass es gar keinen Wohnraumbedarf gäbe, wunderte sich Bürgermeister Walter: „Das widerspricht sämtlichen Prognosen, Studien und Erfahrungen – also allen vorliegenden Fakten. Für wohnungssuchende Menschen ist so eine Behauptung doch ein Schlag ins Gesicht!“ Diese alternative Wahrheit verfing auch vor dem Verwaltungsgericht nicht.
Ihm missfalle zudem, dass die Naturschutzverbände wiederholt und wider besseren Wissens falsche Aussagen vorbringen würden. So wurde u.a. behauptet, die Vermarktung des Neubaugebiets Schwarzwaldstraße, nur 700 Meter Luftlinie von Häugern-Nord gelegen, wäre aufgrund geringer Nachfrage eingestellt worden. „Dabei ist das Gegenteil der Fall“, erläutert Walter: „Die Nachfrage war so hoch, dass wir mit dem Vergabeverfahren durch Rangliste an unsere Grenzen gestoßen sind. Daher hat der Gemeinderat öffentlich den Beschluss gefasst, die verbliebenen Grundstücke nach und nach zu versteigern, also ein anderes Verfahren zu wählen, was nun unter nach wie vor hoher Nachfrage erfolgreich praktiziert wird.“ Ähnliches gelte für die Innenentwicklung, die die Stadt systematisch hat untersuchen lassen und die keinen Ersatz für das Neubaugebiet darstellen könne. Auch hier würde trotz einer öffentlich vorliegenden Studie immer wieder das Gegenteil behauptet werden.
Walter bittet die Naturschutzverbände und Gegner, den demokratischen Willen des Gemeinderates und die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Stuttgart nun zu akzeptieren. Bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim ist der weitere Vollzug der Streuobstgenehmigung ausgesetzt.