Ein altes Impfbuch.
© Ein altes Impfbuch.
Stadt Weil der Stadt

Impfbuch Merklingen aus dem Jahr 1817

Archival des Monats

Passend zur aktuellen Lage rund um die derzeit herrschende „Corona-Pandemie“ und die Diskussionen um die Bekämpfung und Eindämmung des neuartigen Virus sollen für den November diverse Archivalien aus dem Bestand der ehemals selbstständigen Gemeinde Merklingen zum Themenbereich „Impfungen“ vorgestellt werden.

Impfbuch für den Ort Merklingen. Angefangen den 01. Januar 1817 […]
 

Quellenzusammenhang


 
Die für den November vorgestellte Archivalien entstammem dem Ortsteilarchiv Merklingen. Für diesen Bestand liegt kein Findbuch vor, der Bestand ist grob vorsortiert in die Gattungen Akten, Bände, Rechnungen. Die Aktenbestände sind für das 20. Jahrhudnert nach dem Flattich-Aktenplan sortiert und somit relativ gut benutzbar.
 
Zunächst soll ausgehend von der Betrachtung d s Impfbuchs ein Blick auf den Wortursprung des „Impfens“ geworfen werden. Aus dem lateinischen „inserere“ für "einfügen" entwickelte sich über das Althochdeutsche („Imphon“) und Mittelhochdeutsche das Wort „impfen“. Dabei wird im Wörterbuch der Gebrüder GRIMM (1854) deutlich, dass der Begriff Impfen ursprünglich für das Veredeln von Bäumen verwandt wurde. Heute ist dieses Verfahren, beim dem ein „Edelreis“ einer Sorte in eine Unterlage einer anderen Sorte eingefügt, also geimpft, wird, unter der Bezeichnung des „Veredelns“ oder „Pfropfens“ bekannt. Allerdings beschreiben bereits die Gebrüder Grimm die Wortbedeutung des Impfens als eine Möglichkeit der Immunisierung gegen eine bestimmte Krankheit - unter dieser Wortbedeutung ist das Impfen heute geläufig.
 
Dass eine leichte oder schwache Infektion mit der gefährlichen Krankheit der Pocken gegen eine weitere Infektion schützend wirkte war den Menschen bereits früh bekannt. Aus dem Orient drang diese Kenntnis im 18. Jahrhundert nach England vor. Für Deutschland wird beschrieben, dass man im Schleswig-Holstein des 18. Jahrhunderts erkannte, dass Melkerinnen, die sich über das Kuheuter mit Rinderpocken infiziert hatten, gegen die weitaus gefährlicheren menschlichen Pocken immun waren.
Diese Erkenntnisse nutzte der englische Landarzt Edward JENNER und entwickelte im Jahre 1796 aus den für Menschen ungefährlichen Kuhpocken die ersten Impfstoffe.
 
Bemerkenswert schnell verbreitete sich – auch dank des Verzichts Jenners auf eine Patentierung – die neue Errungenschaft in Europa. Bereits im Jahre 1800 wurden in Deutschland in Hannover erste Impfungen durchgeführt, und 17 Jahre später sind mit dem Impfbuch für die Gemeinde Merklingen die ersten Nachweise für getätigte Impfungen hier in Weil der Stadt-Merklingen gegeben.
 
Das Impfbuch umfasst die Jahre 1817 bis 1828. Dabei wird in tabellarischer Form in elf Spalten über Kleinkinder sowie deren Impfdatum Buch geführt. Als Impfarzt war über die gesamte Laufzeit des Buches hinweg Doctor Goez angegeben. Dabei handelte es sich um Johann Friedrich GÖTZ, geb. am 25.07.1781 in Schwäbisch Hall, gestorben am 27.04.1836 in Merklingen. Götz hatte von 1804 bis 1808 in Tübingen und studiert und war anschließend von 1809 bis 1836 praktischer Arzt in Merklingen.
Als Impfzeuge fungierte bei allen in diesem Buch eingetragenen Impfungen Johannes OLPP.
 
Geregelt wurde  die Einführung der Impfung im Herzogtum und späteren Königreich Württemberg über eine Verordnung zur Impfung gegen die Kuhpocken aus dem Jahre 1803 sowie durch das Gesetz zur Einführung der Schutzpockenimpfung. Dieses Gesetz wurde im Staats-und Regierungsblatt vom 8. Juli 1818 veröffentlicht, die Originalausgabe aus diesem Jahr liegt im Stadtarchiv Weil der Stadt vor (vgl. Abbildung). In § 14 dieser Verordnung ist geregelt, dass alle ab 01. Januar 1817 geborenen Kinder zu impfen sind und dass „in jeder Gemeinde ein eigenes Impfbuch zu halten“ ist. Auf diese Vorschrift geht das Merklinger Impfbuch zurück.

 
Nach Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 wurde im Reichsgesetzblatt vom 08. April 1874 eine Impfpflicht ausgesprochen, auf die sich auch die nachfolgenden deutschen Staaten bezogen und die in der Bundesrepublik Deutschland, geregelt durch die einzelnen Bundesländer, bis ins Jahr 1975 fortbestand.
 
Die Unterlagen zu den Pflichtimpfungen in Merklingen sind nicht lückenlos überliefert. Erst für die Zeit ab ungefähr 1930 liegen wieder Unterlagen zu den Impfungen vor. Koordiniert wurden diese ab diesem Zeitpunkt durch das staatliche Gesundheitsamt Leonberg in Verbindung mit den Bürgermeisterämter sowie den niedergelassenen Ärzten.

Das Impfgeschehen in Weil der Stadt sowie den übrigen Teilorten wurde im Rahmen der Recherchen nicht untersucht.