Gemeinderatsprotokoll Weil der Stadt vom 23. Februar 1652 - Joseph Haan contra Hans Georg Eble

Archival des Monats

Der vorliegende Eintrag ist vor 362 Jahren geschrieben worden und hat eine Vorgeschichte. Bereits im November 1651 wurde Joseph Haan vor den Stadtrat bestellt, weil er in den Verdacht geriet, den städtischen Frieden zu stören.

Quellenzusammenhang

Haan hatte auf dem Heimweg von Calw und nach einem Wirtshausbesuch dem Hans Georg Eble ein „Geheimnis“ anvertraut. Eble sollte beschwören, dass er das Geheimnis für sich behalten sollte, was dieser aber ablehnte. Vielleicht hat Haan sich nur wichtig machen wollen, vielleicht plante er aber auch einen „Putsch“ gegen den städtischen Rechner Andreas Eble, der als streng beschrieben wird und der nach dem Stadtbrand auf der Suche nach Geldquellen zum Wiederaufbau der Stadt die Bürgerschaft mit zusätzlichen Abgaben piesackte. Haan behauptete nun, er wisse, wie man die verlorenen Hofgüter Ihinger Hof und Möttlingen, welche die Stadt zur Bezahlung der immensen Schäden und Schulden nach dem Stadtbrand 1648 verkaufen musste, wieder in den Besitz der Stadt bringen könnte. Dazu brauche er die Hilfe von Eble und anderer Bürger. Haans Geheimnis war nicht lange geheim geblieben und im November 1651 und Februar 1652 wurden die beiden Calw-Heimkehrer vor den Rat zitiert. Haan befürchtete nun eine Bestrafung durch den Magistrat und rächt sich an Eble, indem er 7 Punkte aufführt, wegen derer Eble hätte bestraft werden müssen.
Der Streit vor dem Stadtrat zieht sich noch Monate hin und endet schließlich vor dem Reichskammergericht in Speier.



Transkription[1]:

„Joseph Haan wegen zugemuoten Aidts Johann Görg Eble.
Joseph Haan verantwortet sich über jenige Reden, so ihme den 11. Novembris Anno 1651 in gesessenem Rath von Hans Geörg Eble under Gesicht gesagt und er derselben bezüchtiget worden. Als wehre mit Herrn Johann Jacob Wolf zu Calw und in Herrn Ritterwirths Behausung gewesen, ein Drunckh holen lassen und ehe die erste Maß ufgetragen, seye Johann Geörg Eble, Jacob Kiemle und Johann Jacob Stotz auch hineinkommen, in die Zech gesessen, burgerlich miteinander gezehrt und ein jeder uf 3 Batzen 2 Kreuzer Zech kommen und verthan. Alt Schulthaiß von Töffingen hette ihme Haan eins zugebracht mit vermelden, solte guet Hertz haben, sie werden auch baldt wider etwas gelten. In dem Haimraisen underwegs aber wehren sie bede allein miteinander gangen, der Statt übler Zustandt zu Redt kommen, wie auch alles über erlittnen Brandt von der Statt täglich verendert wurde, er Haan hierüber gesagt, seye über die Maßen übell bestelt, köndten die Höff und Wäldt wohl wider beigebracht werden, wise derenthalben guete Mittell, allein miesten solche in gehaimb gefact, nicht der gantzen Burgerschaft sondern nuhr etwelchen an Aidts statt geoffenbaret werden.

[1] Buchstabengetreue Transkription, die Groß- und Kleinschreibung sowie die Zeichensetzung sind dem heutigen Gebrauch angepasst, allgemein verständliche Abkürzungen ausgeschrieben, sonstige Abkürzungen und Textergänzungen in eckigen Klammern



Wiste sich sonst weiters nichts zu erindern [erinnern], wolte hierüber das hailige Sacrament des Altars empfahen, auch einen Aidt schweren dörfen, sich aber von selbsten nicht anerbotten haben, rede auch derjenige nicht als ein Bidermann[1], der weiters rede und vorbringe, als was er anietzo bekendt.
 
Johann Geörg Eble weist wegen verstrichener Zeit sich nicht mehr alles zu erindern, verpleibt stricte bey demjenigen, was er aufgesagt und beraits das zweyte Mahl als den 7. und 11. Novembris anno 1651 protocollirt worden mit fernerem Vermelden, welle den Fusstapf weisen, da er ihme zugemuotet, niderzukneyen und ein leiblichen Aidt zu schweren, seye auch auf den Hingstetter[2] Wisen niderkneidt und ihme, Haan, die Handt gebotten, das köndte er anderst nicht erweisen, als guetem Gewissen und dem allmächtigen Gott.
 
Joseph Haan contra Johann Jörg Eble
Joseph Haan repetirt, werde solches kein Bidermann uf ihne reden, vilweniger erweisen, vermeldt dabey, das er noch underscheidtliche Puncten vor- und anzubringen, die Johann Geörg Eble fernerlich begangen und umb keinen gestraft worden.
 
1. seye ihm der würtenbergisch Schutz zuwider gewesen
Hette derselbe gegen Gaist- und Weltliche unwohrhafte Reden wegen des würtenbergischen Schutz, als ihre fr[eund]l[iche]Herrn von Würtenberg in dem ... ? derenwegen veranlast, aufgegossen, als wan man nach dem Freystandt[3] der Religion trachten thete
2. die Belägerer geschmäeht und irritirt
Zum andern in wehrender Belägerung und Beschießung der Statt über die Mauren hinaus geschrauen, ihr Schelm, ihr Dieb, werf mehr Füwr [Feuer] herrein, damit wihr die Tabackpfeiffen anzünden mögen


[1] Biedermann = rechtschaffener Mensch
[2] Hingstett = Hengstett (Althengstett)
[3] Freiheit



3. Die Amptleüth des Brandt bezüchtiget
Drittens als allhiesige Statt in völligem Brandt gestanden, hette er gesagt, sein Schwer [Schweher][1] Sebastian Lutz und der Schwartze Stattschreiber seyn ein Ursach solches Brandts, man solle sihe in Öhl sieden
4. B[ürgermeiste]r Grein hab ihn an Garten gestohlen
<7 schwere Puncten contra Johann Jörg Eble>[2]
Viertens hette er vor 16 Man ausgeben, das Herr Bürgermaister Johan Michell Grein ihme an seinem Garten drey mahl gestohlen
5. Endris Eble haus[3] im Spittal ungetrüw
Zum fündten Herr Andreas Eble, Schulthaiß, ietzig Spittalpflegern seinen negsten Vetter selbsten bezüchtiget, das er gegen dem Spittal ungetrüwlich hause.
6. drachte sein Schwer nach dem Freystandt
Sechstens hette auf dem Discurs und Reden so von seinem Schwer zu Mercklingen im Drunckh beschehen, vermerckht, das besagter sein Schwer den Freystandt gern in die Statt pringen wolte.
7. Capuciner und der Stattschreiber den Rath gemacht
Sibendt zu Calw ausgeben, das er wohl gewist, das die Sach allhie nicht lang gueth thuon, möchte seitenmahl[4] ein solcher Rath die Herren Capuciner und jetziger Stattschreiber gemacht.
 
Eble verwundert sich über dises Anbringen, vermaint, die maiste Puncten seyn durch die kayserl. Commission ufgehoben, begehrt dabey manutenirt[5] zu werden. Was aber nüwlich widerfahren, ist derselbe anerbietig zu verantworten.


[1] Schwager
[2] Überschrift, hier an falscher Stelle
[3] haus[e] = wirtschafte
[4] seitenmahl = sintemahl = weil, alldieweil,
[5] in seiner Rechtsstellung beschützt



Rhats Bescheid:
Joseph Haanen Verantsortung lasse man zur Zeit in ihrem Wehrt und Unwehrt bis auf weitere Erörterung beruhen.
Eble solle übergebne siben Puncten den 5 Martii, also in zehn Tägen, Antwort geben.
Haan beschwert sich solches Termins, seitenmahl er wegen Vahinger Marckths nicht erscheinen köndte. Eble pitt zur Verantwortung ein Monatsfrist.
 
Rhats Decret
Sollen bede Partheyen von dato in 14 Tägen genugsam einkommen vor der hailigen Zeit die Sach erörtern und beantworten, under solcher Zeit einander bey 10 Reichsthaler Straf unvexirt[1] lassen.
 

[1] invexirt zu lassen = sich nicht zu ärgern