Die Stadtratsprotokolle sind durch den großen Stadtbrand 1648 vollständig vernichtet worden, seit dem Jahr 1649/1650 sind sie aber lückenlos überliefert. Sie sind für die Geschichte Weil der Stadts die wichtigste Quelle. In den Ratsprotokollen sind alle wesentlichen Vorgänge, die Weil der Stadt betreffen, dokumentiert. Von besonderem Wert bezüglich ihrer Auswertung ist das jedem Band beigefügte Register. Wegen ihrer herausragenden Bedeutung hat die Stadt in einem aufwendigen Verfahren Einbände und Papier der Stadtratsprotokolle restaurieren lassen. Seit 1985 wurden so die Bände der Jahrgänge 1649/50 bis 1823 komplett restauriert.
Im Stadtarchiv Weil der Stadt befinden sich die Ratsprotokolle Weil der Stadts und aller Teilort bis einschließlich 1974, dem Abschlussjahr der Gemeindereform in Baden-Württemberg. Außerdem liegen im Stadtarchiv die neueren Gemeinderatsprotokolle von 1975 bis einschließlich 1996.
Wie in den württembergischen Gemeinden gab es auch bei den Reichsstädten als oberstes Organ der bürgerlichen Vertretung den Rat und das Gericht, wobei in der Praxis deren unterschiedliche Funktionen sehr häufig nicht berücksichtigt wurden. So sind auch die Protokoll-Niederschriften von Rat und Gericht in einem Band abgelegt.
Die Zusammensetzung des Gerichts bei gravierenden Straftaten und bei kleineren Delikten war gleich, die zu verhandelnden Fälle wurden nicht vorab in hohe oder niedere Gerichtsbarkeit eingeteilt. So standen also auch in Fällen, bei denen eine Rüge oder eine Geldstrafe zu erwarten gewesen wäre, dem Gericht theoretisch der ganze Strafenkatalog der niederen und hohen Gerichtsbarkeit zur Verfügung.
Transkription[1]
„[3. März 1730] [...]
Des Closters Buben Insolenz betreffend und des Jacob Schöningers Magdt ... Stattverweisung betreffend]
§ 2
Herr Stadtschultheis Andreas Decker referiert, daß bereits bekant sey. wie verwichenen Sontag die PP [Patres] Augustiner durch ihren Prediger auf ihrer Cantzell hetten verkündigen laßen, daß ein Bößwicht abends zwischen 7 und 8 Uhren ahn ihrer Pforten mit Ungestüm geschelt, und alß die Pforth durch ihren Pförtner eröfnet worden niemand vorhanden gewesen seye, wogegen der Prediger sehr geschändet und gemeldet hette, daß selbige gemüßiget seyen, zu dessen Verhinderung die äußere Pforth zu schliesen und also, wan ohngefehr ein Krankes einen Patrem in der Nacht verlangen wolte, zwar bey Verschließung der Pforth sich nicht melden laßen könte, welches ihnen aber auch obiger Ursachen halben nicht verdenkt werden könte. Nuhn hette der Herr Pater Prior zwey Patres zu ihm geschicket und durch selbige anzeigen laßen, wie es nuhn ehedem tag seye, wer geschelt hette, es hette solches ihr Bub, des Jacob Schöninger Schusters Sohn, gethan,
[1] Groß- und Kleinschreibung sowie Satzzeichensetzung nach heutigem Gebrauch
worzu ihnen die Magdalena Grinin angeritzt hette, worauf er Schultheis die Sach untersuchet und befunden, daß der Bub solches proprio motu[1] gethan. Daraufhin solchen in das Narrenhauß und des Buben Vatters Magt, welche auch beteuern wollen, daß die Stockerin gehört hette, daß die Magdalena Greinin solchen angeritzet, die Stockerin aber solches negiret, auf das Thor setzen lassen.
Bescheyd
solle der Bub durch die Stadtknecht in so lang, biß das Bluth davon gehe, mit Ruthen gehauen und des Jacob Schöninger Magdt, welche ohnedem keinen guthen Leymuth hette, der Stadt verwisen werd.“
[1] Aus eigenem Antrieb