Kernaufgabe des Stadtarchivs ist die Übernahme, Bewertung und Erschließung des städtischen Schriftguts. Längst versteht sich ein modern geführtes Stadtarchiv aber nicht mehr nur als Aufbewahrungsort für die städtischen Akten, um die Rechtsgüter der Stadt und ihrer Einwohner zu sicher. Vielmehr ist ein Stadtarchiv heute der Ort, an dem alle Dokumente, welche die Geschichte der Stadt dokumentieren können, aufbewahrt und den Bürgern zur Auswertung zur Verfügung gestellt werden. Dieser Fundus an stadtgeschichtlichen Quellen wird nur zu einem Teil durch die Ablieferungen der städtischen Dienststellen abgedeckt. Zur stadtgeschichtlichen Dokumentation gehören vielmehr auch die Archivbibliothek, die Nachlässe und die archivischen Sammlungen, zu denen alle Dokumente gezählt werden, die nicht durch die Abgabepflicht der Stadtverwaltung ins Archiv gekommen sind, die also „gesammelt“ werden müssen.
Die Sammlungen sind in verschiedene Sammlungsbereiche unterteilt: Tondokumente, Filme, Plakate, Zeitungen und Zeitschriften, Graphiken. Der wichtigste und umfangreichste Sammlungsbereich ist aber das Bildarchiv. Im Stadtarchiv Weil der Stadt sind bislang ca. 5700 Bilder von Weil der Stadt und den Ortsteilen verzeichnet. Benutzer des Stadtarchivs haben die Möglichkeit über eine Volltextsuche in der Bilddatenbank zu recherchieren.
Das nachweislich älteste Bild ist eine Aufnahme einer Weil der Städter Familie, die vor 1862 in einem Fotostudio entstanden ist, das jüngste Bild ist das Digitalfoto von gestern.
Beim Sammeln von Dokumenten ist das Stadtarchiv auf die Mithilfe von Privatpersonen und Vereinen angewiesen. Wer sich von seinen Schätzen nicht trennen will, kann sie auch dem Stadtarchiv zur Anfertigung von Reproduktionen kurzfristig überlassen und erhält sie am folgenden Tag unversehrt zurück.
Die „Jungfrau von Orleans“ von 1913 war nicht das erste Fasnachtsspiel in Weil der Stadt, bereits 1880 hatte man dieses Stück aufgeführt, 1910 stand „Andreas Hofer“ auf dem Spielplan. Organisiert wurden Spiel und Umzug von der Turngemeinde Weil der Stadt, die Regie führte der städtische Verwaltungsaktuar und spätere Bürgermeister Hermann Schütz. Seine Schauspieler waren Männer und Frauen aus Weil der Stadt. Um die Besetzung der Hauptrolle der Johanna hatte es langes Rätselraten gegeben, schließlich wurde das Geheimnis gelüftet: die Johanna wurde gespielt von der Frau des Ortsarztes Dr. Zeller. Sie wurde der Star der Aufführung. Das Wochenblatt schrieb im Nachbericht: „Eine besondere Würde, welche geeignet war, dem Ganzen das Siegel de Vollkommenheit aufzuprägen, verleihte dem Spiel die Hauptperson des Stücks: Die Jungfrau von Orleans, welche von Frau Dr. Zeller in einer Vollendung und Hingebung gespielt wurde, daß die ganze Stadt und alle Gäste ihr zujubelten und durch ihr anfeuerndes Spiel hat sie es den Mitwirkenden gewiß leicht gemacht, so ungezwungen und leicht zu spielen , wie es bei jeder einzelnen Rolle erfreulicherweise festgestellt werden konnte, was dem Spiel eine Vollkommenheit und Natürlichkeit verlieh, daß bei einzelnen Szenen selbst härter veranlagte Männerherzen weich wurden. Der Dank der Stadt und aller Zuschauer ist der verehrten Frau für diese Opferwilligkeit im Dienste der Gemeinde sicher und auf aller Lippen schwebte über die ganze Fastnacht der Name: Jungfrau von Orleans – Frau Dr. Zeller.“
Die Spieler sammelten sich vor dem Gasthof König bei der Spitalbrücke. Von dort ging es im Umzug die Stuttgarter Straße hinauf auf den Marktplatz, wo sich über 3000 Zuschauer drängten und versuchten, einen möglichst unverstellten Blick aufs Geschehen zu erhaschen. Wer Glück hatte bekam für 50 Pfennig einen Platz auf der Zuschauertribüne, welche die Gemeinde aufgebaut hatte. Die Übrigen behalfen sich. „Im großen Ganzen genommen, haben wir einen Erfolg errungen, der von dauerndem Werte für die Stadt sein wird und die Fremden, die hierher kommen, erzählen sich von dem Wunder, daß am Fastnachtssonntag in Weilderstadt eine Aufführung stattgefunden habe, die derartigen Zuzug hatte, daß im Gasthof zur Post und auch in den andern Gebäuden rings um den Marktplatz die Dächer von den Schaulustigen abgedeckt wurden, um das interessante Schauspiel beobachten zu können.“
(Wochenblatt, 5.2.1913)
„Recht unangenehm fiel in dem Zug auf, daß die Jugend bisweilen mitten unter den herrlichen Gruppen mitlief, wodurch der Zusammenhang des Ganzen nicht nur gestört, sondern manchmal total unterbrochen wurde. Es sei deshalb die Bitte an dieser Stelle gestattet, daß bei ferneren Spielen das Publikum sich in den Straßen aufstellt und nicht mitläuft, erstens ist der Genuß beim stehenden Zuschauen ein größerer und zweitens haben die von den Häusern Zuschauenden und die später nachkommenden Gäste dann auch ein schöneres Bild, ganz abgesehen, daß eine photographische Aufnahme des Zuges bei solchen Unterbrechungen durch das Publikum geradezu eine Unmöglichkeit ist.“ (Wochenblatt, 5.2.1913)