Accis-Ordnung der Metzger 1683

Archival des Monats

Im Herbst 1683 kam es zu einem heftigen Streit zwischen dem Stadtrat und der Metzgerzunft in Weil der Stadt um die Akzisen, welche die Metzger an die Stadtkasse bezahlen sollten. Die Akzise war eine indirekte städtische Steuer, in diesem Fall eine Abgabe, welche die Metzger für das Schlachten von Vieh zu entrichten hatten. Nach dem Willen der Stadtobrigkeit sollten die Metzger eine Fleisch- und Accis-Ordnung akzeptieren, die nach Esslinger Vorbild gestaltet war.

Am 18. September lehnten die Metzger die neue Accis-Ordnung noch rundweg ab, auch ein Kompromiss-Angebot, nur die Hälfte des Esslinger Akzises zu bezahlen, oder aber der Beibehaltung der alten Weil der Städter Akzise-Ordnung zuzustimmen, die nach dem Stadtbrand aufgestellt worden war, lehnten sie ab. In mehreren Ratssitzungen wurde nun ein Machtkampf zwischen Magistrat und Metzgern um die Höhe der Abgaben der Metzger an die Stadt ausgetragen, an deren Ende die Metzger am 26. Oktober die neue städtische Accis-Ordnung, die im Ratsprotokoll festgehalten wurde, akzeptieren mussten. Die Metzger hatten vergeblich auf ihre schwierige Lage und auf die Konkurrenz durch die Wirtsleute, die selbst schlachteten, hingewiesen. Ihr Angebot, für ein Rind 2 Kreuzer und für Kälber, Schweine oder Schafe jeweils 1 Kreuzer zu bezahlen, hatte der Rat abgelehnt.
Die neue Accis-Ordnung sah vor, dass je nach Größe und Wert für jedes geschlachtete Tier eine Abgabe an die Stadt bezahlt werden musste, für einen Ochsen z.B. 5 Batzen = 20 Kreuzer, für ein Böcklein oder Lamm ½ Kreuzer.
Um die neue Ordnung durchzusetzen, hatte der Rat verschiedene Druckmittel angewendet: zunächst war den renitenten Metzgern die städtische Viehweide entzogen worden, dann wurde ihnen das Schlachten unter Androhung von Strafen ganz untersagt. Und schließlich versuchte man mit Erfolg, einzelne Metzger aus der Phalanx der Accis-Verweigerer durch individuelle Angebote herauszulösen.


Transkription[1]:
 
„[12. Octobis]
Resolutum der Mezger.
Ermölter Hanß Geörg Schöninger in vorigen Nahmen pringt von in Pleno: Sie haben sich so weith dahin resolvieret, von einem jeden Stuckh Rind, es möge grosß oder klein sein, 2 [Kreuzer] zue geben, von einem Kalbshommel, Schaff, Schwein etc. wollen sie 1 [Kreuzer] geben.
Hierauf last ihnen ein ehrsamer Rath, so solch spöttliches Anerbieten zimblich resentieret[2], durch den Stadtschreiber serio[3] et cathegoriae[4] vortragen, daß ein ehrsamer Rat bey ihr gefaßter Meinung unverbrüchlich verbleiben werde. Interim[5] soll keiner kein Mesßer bluethig machen, ihr Vihe im Stall behalten, es mögen gleich Mezger alleinig oder auch zuemahl Wirth sein. Unnd solte sich ein unnd anderer accomodieren unnd verlangten Accis eingehen, ein solcher wolle unnd solle sich längst bis disen Sonntag zue Mittag bey Herrn Amptsburgermeister anmölden, wofern nit, als werde ein löblicher Magistrat auf andre Mittel bedacht sein, die Statt mit Flaisch selbsten versehen unnd solchs (?) an höhere Orth berichten etc. unnd
Weilen der löbliche Magistrat eüserlich vernommben, daß villeicht ein unnd anderer wohl einwilligen möchte, wann er nit einigen Scheuen auf seine Cameraden unnd Mitmaister tragen dete: Alß ist unanimiter[6] beliebt worden, einen Mezger nach dem andern in Pleno vorzuestöllen, seine Mainung von ihme absonderlich zue vernemmben, sinnd also sambtliche nach einander vürgestölt worten wie volgt:

[1] Buchstabengetreue Transkription, die Groß- und Kleinschreibung sowie die Zeichensetzung sind dem heutigen Gebrauch angepasst, allgemein verständliche Abkürzungen ausgeschrieben, sonstige Abkürzungen und Textergänzungen in eckigen Klammern
[2] rügt, tadelt
[3] ernstlich
[4] kategorisch (?)
[5] Einstweilen
[6] einstimmig


1. Carl Gall
2. Leonhardt Schönninger
3. Jacob Siegle der Vatter
4. Jacob Siegle der Sohn
5. Martin Siegle Jung
6. Hanns Jacob Kapler
7. Hyeronimus Beurle
8. Andreas Schönninger
9. Hanns Geörg Raitle
10. Hans Geörg Stoz
11. Hanns Geörg Schönninger, Engelwirth
12. Jacob Wolff, Schwartz Adlerwirth
13. Michel Wolff, Schwanenwirth
14. Elias Hohenstain, Sonnenwirth
15. Conrad Schönninger, Ochsenwirth
16. Martin Siegle, deß Raths


Sambtliche sinnd auf ihrer gefaßter Meinung geblieben, nemblichen, wie hievor erwehnt, von dem Stuckh Rindt 2 Kreuzer unnd Milchkalb, Schwein, Hammel, Schaff etc. 1 Kreuzer zue geben. Ausgenommben
Jung Jacob Siegle hat sich vernemmen lassen, den halben Thaill zue geben, waß ihnen specifice vor- unnd abgelesen worten.
Sein Vater aber, Alt Jacob Siegle, hat den gantz- unnd völligen Accis zue geben versprochen mit Vermöldung, er wolle seinen Herren unnd vorgesezter Obrigkeit nit auß Handen gehen; alleinig werde man ihne bey dem Handtwerckh sehr verfolgen, pitte derohalben, ihme vor Obrigkeits wegen zue manutenieren[1]. Welches ein ehrsamer Rath ihme versprichet unnd zuegleich anbefohlen, er solle anfangen ohne alle Hinderung oder Scheühen zue mezgen.
Jacob Siegle solle von einem ehrbaren Mezger-Handtwerckh bey Straff 10 Reichstaler nit angefochten oder verhindert werden.


Wird auch folgents denen Mezgern ernstlich vorgehalten, Alt Jacob Siegle weder mit Worden noch Werckhen zue Importunieren[2] oder anzufechten, bey unnachlöstiger Straff 10 Reichsthaler etc. unnd wird hiemit die Session geendiget.
[...]

[1] in ihrer rechtlichen Stellung zu schützen
[2] belästigen


Mezger.
Erscheint abermahl ein ehrsames Mezger-Handwerckh, pitten widerumb umb Nachlassung oder wenigstens umb Schmählerung deß Accis.
En ehrsamer Rath bleibt bey dem Concluso.[1]
 
Tandem aliquando[2]
 
Herr Martin Siegle in Beysein Hans Geörg Stoz, Hanß Geörg Raitle, Michel Wolff, Elias Hohenstain unnd Hans Georg Schöninger erkläret sich im Nahmen des ehrsambten Handwerckhs: einer für alle unnd alle für einen, daß sie gleichwohl, weil es anderster nit sein könne, den verlangten Accis geben wollen. Alleinig pitten sie, wegen deß Freymezelenß, damit nit alle Burger darinn mezgen, einige Remedur zue machen[3].  Item solle man ihnen ihr gewohnliche Wayd widerumb zuestöllen.
Item klagen sie wider die Wirth wegen deß zimblich starckhen frembt- unnd unzeittigen Mezgen, seye ihnen gar starckh nachthaillig.
Resolutum[4]
Ein ehrsamer Rath vergönnt ihnen ihr Wayd widerumb als daß Thalacker auf einer Seythen, die Eselswiesen unnd Rathwisen.
Wegen deß Freymezelens seye es ein uralte bürgerliche Gerechtigkeit, wann das Vieh etwann eine Bainbruch erleyde oder ein Burger ein Stuckh Jahr unnd Tag im Stall gehabt, solche allda aufzuhauhen. Alleinig werde man aller unzeittigen Verfahrung soter Dingen vorbüegen.
Waß die Wirth enbelanget, wirt ein ehrsamer Rath solches mit nechstem vornemben und soll geschehen w. R. J.
[1] Beschluss
[2] Endlich einmal
[3] diesen Missstand abzuschaffen
[4] Beschluss


Accis Tapellen
Ochsen à 3 biß in 4 Centner                                                  5 Batzen
Stier à 2 biß in 3 Centner                                                        3 Batzen
Kuech                                                                                         3 Batzen
Stöckkalb[1]                                                                               2 Batzen
Milchkalb                                                                                    2 Kreuzer
Schwein                                                                                      1 Batzen
Hammel oder Schaf                                                                  2 Kreuzer
Bock oder Gaiß                                                                          1 Kreuzer
Böcklein oder Lamb                                                                   ½ Kreuzer
 
Ein ehrsamer Rath schliesßet auch, daß die Mezger alles daßjenige, so sie mezgen, dem Herrn Acciser fleisßig anzeugen unnd solle ein solch nit angezaigt Stuckh einem ehrsamen Rath für alle Mahl heimbgefallen sein.

[1] Steckkalb: Kalb, das nicht zur Aufzucht sondern zum Schlachten bestimmt ist