Abschriften der kaiserlichen Privilegien aus dem Jahr 1770

Archival des Monats

Die besondere Stellung der Reichsstädte bezog sich auf ihre Reichsunmittelbarkeit, d.h die direkte Unterstellung unter den römisch-deutschen Kaiser und den damit einhergehenden Privilegien. Wie diese städtischen Privilegien zustande kamen, darauf soll in der Archivale des Monats Mai ein ganz kurzer Blick geworfen werden.

Abschriften der kaiserlichen Privilegien aus dem Jahr 1770

(StadtArch Weil der Stadt, Bände)

 

Quellenzusammenhang

Das Stadtarchiv Weil der Stadt verfügt nur über wenige Unterlagen aus der Zeit vor dem Stadtbrand. Insbesondere der sehr bedeutsame Urkundenbestand, der bis ins Jahr 1360 zurückreicht, ist hier zu nennen.

Der im Bestand „Bände“ des reichsstädtischen Archivs enthaltene lediglich fadengeheftete Band „Abschriften der kaiserlichen Privilegien für Weil der Stadt“ ist umso bedeutsamer als darin auch Abschriften von nicht mehr vorhandenen Urkunden aus der Zeit vor dem 30jährigen Krieg enthalten sind.

Viele Rechte, die Weil der Stadt hatte, waren der Stadt durch kaiserliche Privilegien gesichert und in Form von Urkunden bestätigt. Diese Dokumente garantierten Besitzstände oder andere Vorrechte, welche für das Wohl der Stadt von besonderer Bedeutung waren. Deshalb wurde auf den Erhalt der Originalurkunden besondere Sorgfalt gelegt. Um aber im Falle des Verlustes des Originals wenigstens den Inhalt der Privilegien zu sichern, wurden die Urkunden immer wieder abgeschrieben und kopiert. Die hohe Bedeutung der vorliegenden Privilegienkopie aus dem Jahr 1770 wird durch die kunstvoll ausgeführte Gestaltung des Deckblatts unterstrichen.

Der Band wurde im Jahr 2014 mit finanzieller Unterstützung des Buchpaten Max Riehle restauriert.

Bei der ersten Abschrift in diesem Band handelt es sich um eine Kaiserurkunde aus dem Jahr 1360, die sich tatsächlich noch heute im Original im Bestand des Stadtarchivs befindet und zugleich mit 762 Jahren (sic!) das älteste Archival des Weiler Archivs darstellt. Diese in kultureller Hinsicht für die Stadt Weil der Stadt sehr wertvolle Urkunde wurde bereits vor einigen Jahren als Archivale des Monats vorgestellt. Für den Mai 2022 wollen wir uns der zweiten Urkundenabschrift des Bandes, deren Original in Weil der Stadt leider nicht mehr vorhanden ist, widmen. Diese zweite Abschrift behandelt eine im Jahr 1404 ausgestellte Urkunde. Hier bestätigt der römisch-deutsche König Ruprecht[1] den Weil der Städtern das Recht am Schultheißenamt sowie dem Ungeld. Dabei nimmt Ruprecht Bezug auf Karl IV., der diese Rechte im 14. Jahrhundert an den Ritter Albrecht von Bönnigheim verpachtet hatte.

Für das Weil der Stadt des 14. Jahrhunderts war neben der Gefahr der Bedrängung durch Württemberg auch die Politik der Königlichen Verpfändung der ganzen Stadt oder einzelner Ämter und Einkünfte eine stete und große Bedrohung. Die in diesem Monat vorgestellte Abschrift der Urkunde von 1404 beschreibt eine ebensolche Verpfändung durch Karl IV.[2], die vermutlich im 14. Jahrhundert erfolgte. Eben jener Kaiser Karl IV hatte in einer anderen Urkunde aus dem Jahr 1348 eigentlich  den Weilern zugesichert keine ihrer Privilegien mehr zu verpfänden – offensichtlich hielt ihn dies jedoch weder von einer Verpfändung Weil der Stadts an den württembergischen Grafen Eberhard den Greiner im Jahr 1376 noch von der Verpfändung des Schultheißenamts und Ungelts an Albrecht von Bönnigheim ab[3].  Dazu muss man wissen, dass es sich beim „Schultheißen=Ambt“ des 14. bzw. 15. Jahrhunderts nicht etwa um den im Schwäbischen noch heute mundartlich mit „Schultes“ bezeichneten Bürgermeister handelte, sondern im Falle einer Reichsstadt um eine Person bzw. ein Amt welches vor Ort die die Gerichtsbarkeit für das Reich ausübte. Das „Ungelt“ hingegen bezeichnet seit etwa dem 12. Jahrhundert als Rechtsbegriff eine indirekte reichstädtische oder landesherrliche Abgabe, die als eine Art Verbrauchssteuer auf Waren des täglichen Bedarfs erhoben wurde. König Ruprecht bestätigte nun mit seiner Urkunde aus dem Jahr 1404 das „Schultheißen-Ambt und Ungelt“ den Weil der Städter und erhöhte das Pfand zugleich um 500 „gute rheinische Gulden“. Das Original der Urkunde ist verloren und liegt heute nur noch in Form der im Jahr 1770 getätigten Weiler Kopie vor. Neben der Weiler Kopie befindet sich noch eine zeitgenössische Abschrift der Urkunde im zwischen 1401 und 1410 entstandenen „Reichsregisterband C“, aufbewahrt im österreichischen Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien sowie in einem weiteren Kopialbuch, dessen Verbleib jedoch nicht eindeutig geklärt ist.[4] Auch über den unterzeichnenden Schreiber „Bercholdus Dienlach“ ist uns derzeit nichts bekannt.

 

[1] Ruprecht (* 5. Mai 1352 in Amberg; † 18. Mai 1410) aus der Dynastie der Wittelsbacher war von 1398 bis 1410 als Ruprecht III. Pfalzgraf bei Rhein und von 1400 bis 1410 römisch-deutscher König im Heiligen Römischen Reich.

[2] Karl IV. (* 14. Mai 1316 in Prag; † 29. November 1378 ebenda), ab dem Jahr 1346 römisch-deutscher König sowie Kab 1347 böhmischer König und ab 1355 König von Italien sowie römisch-deutscher Kaiser

[3] vgl. auch Beschreibung des Oberamts Leonberg: mit 3 Tab... 1972. Bd. 30. Beschreibung des Königreichs Württemberg. Magstadt: Bissinger.

[4] Ich danke Herrn Clemens Rohfleisch (Handschriftenabteilung der UB Heidelberg) sowie Frau Susanne Donaubaum (Österreichisches Staatsarchiv, Abteilung Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien) für deren sachkundige Unterstützung.

 

TRANSSKRIPTION (Buchstabengetreue Transkription)

Copia

PRIVILEGIA

CAESAREA

von

unterschiedlichen Römischen Kaysern

und Königen

welche

Der Stadt Weyl aus

Gnaden verlyhen, XI an der Zahl

SENATUS POPULUS QUE ROMANUS

Schulthaißenambt und Ungelt der Stadt

Weyl Anno 1404

König Ruprecht

Wir Ruprecht von Gottes Gnaden Rö=

mischer König zu allen Zeiten mehrer des Reichs be=

kennen und thuen kund, offenbahr mit diesem Brief

allen die ihn sehen, oder hörenlesen: Als König

Carl Seel. Gedächtnis unser […] an dem

Reiche, vor Zeiten unser Schulthaisen=Ambt

und Ungeld in unserer und des Heil. Reiches Statt

Weyl zu einem rechten Pfandt versetzt hat, Albrecht von

Bännigheim für Hundert Marck guten Silbers Straßbur=

ger Gericht, um sein Dienste die er ihm und dem Rei=

che die er ihm und dem Reiche  gethan habe, und ihn dari=

ber seine Briefe mit seiner Königl Majestät Insiegel

versigelt, geben denselben Brief unsere liebe getreuen

Bürgermeister und Raths der ehgenannten unser und des

Heil. Reiches Statt Weyle an sich bracht hat, das haben wir

mit wohlbedachten Muthe demselben Bürgermaister und

Rath zu Weyl: fünfhundert guter Rheinischer Gulten, auf

dieselbe Schulthaißen-Ambt und Ungelt geschlagen

und schlag ihnen auch die die auch darauf in Kraft

dieses Briefs die sie uns bereiten Gulten wohl […]

und bezahlt hand und sollen auch die Bürgermeister

und Rath, dieselbige Schulthaisen-Ambt und Ungeld

innehaben besitzen und genießen, und brauchen nit

allen Zehendten und Zugehören, als lang bis wir

oder unsere Nachkommen an dem Reiche, die von ihn

wider gele[…] und gelassen mit der vorgenanten

Hundert Mark Silbers Straßburger Gewicht nach aus=

weisung König Carl Briefs dariber sagende und

auch dem vorgenannten fünfhundert Rheinishcer Gul=

den, den wir ihn daruf geschlagen haben, ohne

alle Arglist und Gefährte. Urkund diß Brieffs

Brieffs versiegelt mit unserer Königlicher Ma=

jestät anfangenden Insigel, der gegeben ist zu

Baaden auf Sact Michael des Heiligen Ertz=

Enegls=Tag in dem Jahr des als man zahlt nach Chri=

sti Geburth Vierzehn Hundert und vier Jahre, uns=

eres Reichs in dem fünften Jahr.

Bercholdus Dienlach