St. Peters Pfarrkirchenlagerbuch aus dem Jahr 1533
Archival des Monats
Für den Juni soll einer der ältesten Bände des Weiler Stadtarchivs vorgestellt werden - das St. Peterspfarrkirchenlagerbuch aus dem Jahr 1533.
Quellenzusammenhang
Das St. Peters Pfarrkirchenlagerbuch ist innerhalb der Bestände des Stadtarchivs dem Bereich „Bände“ eingruppiert. Die Bände- oder Buchüberlieferung in den Verwaltungsakten setzt ungefähr Mitte des 14. Jahrhunderts ein. Voraussetzung für diese neue Gattung an Verwaltungsschriftgut war unter anderem, dass nun Papier als Beschreibstoff (anstelle des Pergament für die Urkunden) zur Verfügung stand.
Zu den ältesten Bänden des Stadtarchivs Weil der Stadt zählen das St. Peters Pfarrkirchen-Lagerbuch aus dem Jahr 1533 , auch das im März 2021 vorgestellte Spitallagerbuch von 1534 gehört ebenso wie das jüngere Spitallagerbuch aus dem Jahr 1748 in diesen Bestand.
Bei den Lagerbüchern handelt es sich um Besitzverzeichnisse, die jedoch noch weitere Funktionen mit abdeckten: Nicht allein die liegenden Güter oder Gebäude eines Besitzers werden darin aufgeführt, sondern auch sämtliche Einkünfte, Rechte und Pflichten, die damit verbunden sind[1]
Das St. Peters-Lagerbuch von 1533 ist der älteste Band im Stadtarchiv - älter sind nur noch einige Urkunden im Stadtarchiv. Der Band hat als eines der wenigen Dokumente den verheerenden Stadtbrand im Jahr 1648 überstanden. Das Lagerbuch ist foliiert und umfasst 125 Blätter, außerdem das Titelblatt und zwei unbeschriebene („vacat“, lat. für „frei“) Blätter. Es werden die der Kirche abgabepflichtigen Personen in und außerhalb Weil der Stadts aufgeführt, insgesamt sind dies 387 Namen. Die entsprechende Abgabeverpflichtung (Zins, Rent und Gült) resultierte aus dem Besitz von Häusern und Liegenschaften, auf denen als Belastung eine Gültverpflichtung an die St. Peterspflege lag. Damit liefert diese Quelle auch einen wichtigen Nachweis über Bürger, ihren Wohnort und ihren Beruf. Mit dem St. Peters Pfarrkirchen Lagerbuch könnte man mit einigem Aufwand den Häuserbestand Weil der Stadts im Jahr 1533 rekonstruieren. Da für die Zeit vor dem Stadtbrand 1648 sonst kaum andere Quellen zur Verfügung stehen ist dieses Lagerbuch von herausragender Bedeutung!
Restaurierung des Bandes im Jahr 2010
Über die Jahrhunderte war der Band trotz sorgfältiger Aufbewahrung in Mitleidenschaft gezogen: alle Seiten des fast 500 Jahre alten Archivals waren stark verbräunt und „fingerfleckig“, hatten Wasserränder und wiesen Risse und Fehlstellen auf. In manchen Bereichen vorn und hinten war das Papier bereits stark abgebaut. Der Buchblock war insgesamt stark verzogen, und der Ledereinband wies Fehlstellen durch Nagerfraß auf, die Bänder und Schließenriemen waren ausgerissen.
Der mit Stempeln reich verzierte Einband machte neugierig: das Einbinden von Akten in Einbände ohne feste Deckel, stattdessen mit einer Klappe, die den Vorderschnitt umschließt, ist im 15. und 16. Jahrhundert weit verbreitet. Für diese Einbände wurden aber in der Regel Pergamente verwendet, einzigartig am Weil der Städter Lagerbuch ist der Einband aus einem sehr dünnen Pappdeckel, der mit Leder bezogen wurde. Auch stammen die Stempel auf Vorder- und Rückseite aus unterschiedlichen Zeiten und waren in unseren Regionen nicht unbedingt üblich. Die für das Stadtarchiv Weil der Stadt im Auftrag tätige Restauratorin Caroline GEHRKEN mutmaßte, dass der Einband von einem wandernden, besonders begabten Buchbinder hergestellt wurde, der mit den damals modernen Verzierungsformen und Techniken vertraut war und mit diesem Einband ein besonders schönes Beispiel der Buchbinderkunst in Weil der Stadt hinterlassen hat.
Demzufolge war ein großer Restaurierungsaufwand erforderlich der dank der großzügigen Übernahme einer Buchpatenschaft durch das Ehepaar Ute und Bernhard SCHÄDEL geleistet werden konnte!
Der transkribierte Eintrag befindet sich auf Seite 42r 2 des Bandes, die Transkription erfolgte aus der im 16. Jahrhundert gebräuchlichen gotischen Kursive in unsere heute gebräuchliche Antiqua-Schrift3. In diesem Abschnitt wird ein Gebiet der Stadt umrissen, dessen Bewohner den „kleinen“ Zehnt abzuführen hatten. Der Umfang dieser Zehntabgabe wird dabei genau beschrieben
TRANSSKRIPTION4
Zehend Sanct Peter zugehörig
Sannct peter hat den kleinen Zehenden
in dem thail (als in unnd auserhalb der Stadt)
wie nach volgt einzunemmen. Namlich
von Simon Kervhers Scheuren, die da ligt oben
in der Statt, zwischen Enderis Wayen Scheur-
en unnd Melchior von Günzburgs Hus,
unnd hat die Gaß fürhin zu der
hannd, bis zu dem Oberthor, unnd da zu dem
Thor hinaus, zu der linken Hannd hinab,
unnd bis für das Bild bey der Lainthal, und
dadannen wider herein in die statt, von dem
Oberthor hinab, die zwo obern Gassen, unnd
die Syten am Closter hinab bis zu dem Fauz
Bronnen, unnd da zu dem Schliz oder durch
die Mauer hinauf in die Vorstatt, die gass-
en by hanns Rotackhers Haus zu der linckhen
Hannd hinhinder biß zu der obern Mal
mülin unnd alle die, die in den selben
gehusten sizen, unnd die Garten, oder gut-
en Innhaben als obstat, die gebennt sanct
peter den klainen Zehenden.
unnd syen die gefäl des
klainen Zehenden
item von 1 mannsmahd wiesen 2 Heller
von 1 milchkalb 2 h
von 1 lemlin 1 h
von 1 gaislin 1 h
das zehend hun
die zehend ganß
den zehenden teil von immen
den zehenden thail am ops, zwiebeln […]
[1] Regina Keyler, Lagerbücher, in: Südwestdeutsche Archivalienkunde, URL: [https://www.leo-bw.de], Stand: 2005.
[2] In Archivwesen und Handschriftenkunde werden bei unpaginierten Dokumenten nicht die Seiten, sondern die Blätter durchgezählt und die Vorder- bzw. Rückseiten als „recto“ und „verso“ bezeichnet
[3] Antiqua bezeichnet heute gebräuchliche Satzschriften für das lateinische Alphabet
[4] Buchstabengetreue Umschrift!