Stadtarchiv Weil der Stadt, Bestand Pfarrarchiv
Quellenzusammenhang
Die Archivalien des Kirchenarchivs St. Peter und Paul sind als Depositumsbestand seit Juli 2005 im Stadtarchiv Weil der Stadt untergebracht. Der Bestand ist grob geordnet, einer großer Teil der Archivalien ist verzeichnet. Eigentümer des Kirchenarchivs ist nach wie vor die katholische Kirchengemeinde Weil der Stadt, der Bestand wird aber auf Grundlage eines Vertrags zwischen Kirchengemeinde und Stadt im Stadtarchiv aufbewahrt und nach archivfachlichen Grundsätzen erschlossen und betreut.
Dieser Depositalbestand steht den interessierten Benutzern des Stadtarchivs zur Verfügung, und wird seitens des Stadtarchivs für die ortsgeschichtliche Forschung genutzt.
Über ein handgeschriebenes kleinformatiges (Buchrückenhöhe ca. 2 cm, Fachbegriff für das Format ist „Oktav“) gebundenes Buch sind wir auf den Weiler Pfarrer Michael EBLE (erneut) aufmerksam geworden.
Das Buch mit dem Titel „Cursus Biennalis Theologicus Moralis Annus Prior“ wurde im Jahr 1644 geschrieben und ist Bestandteil des Pfarrarchivs. Es handelt sich dabei um ein vollständig handgeschriebenes Buch, das „Michael Eble Wilerstadiensis“ im Rahmen seines Besuchs des Jesuitengymnasiums Konstanz angelegt wurde. Eble stammte demnach aus Weil der Stadt, in Ermangelung der Kirchenbücher aus der Zeit vor dem Stadtbrand liegt ein genaues Geburtsdatum nicht vor. Über die Matrikel der früheren Universität Dillingen konnte ermittelt werden, dass Eble 1650 sein Studium in Dillingen begonnen hatte. Im Jahr 1651 erwarb er den Baccalaureus der Philosophie und 1653 den Magister der Philosophie.
Im Bestand des Pfarrarchivs Weil der Stadt befindet sich zu den Pfarrern des 17. Jahrhunderts ein Aktenbüschel mit dem Titel „Pfarrer - Bewerbungen, Besoldungen, Prüfungen“ (Signatur alt 2.1.4), darin Pensionierung des kranken Pfarrer Klopfer und Einsetzung des Michael Eble als Nachfolger (1666-1669). In diesen Unterlagen wird man zu Ebles Einsetzung als Weiler Pfarrherr fündig.
Im Jahre 1666 trat er die Nachfolge des Weiler Pfarrers Johann Chrystosomus KLOPFER an. Wie aus dem Aktenbüschel über die Einsetzung Ebles hervorgeht war Klopfer an verschiedenen Altersgebrechen erkrankt. Offenkundig war er sowohl körperlich als auch geistig nicht mehr in der Lage sein Amt auszuführen. Die verschiedenen erhaltenen Schreiben zeigen den Prozess, der zur Amtseinsetzung eines neuen Pfarrers durchlaufen werden musste recht gut auf. Die „Protagonisten“ waren dabei der Rat, der Bischof in Speyer und – ganz besonders interessant – der evangelische (!) württembergische Herzog in der Nachfolge des Abtes des Hirsauer Klosters welches bereits aus vorreformatorischer Zeit rührende Hirsauer Rechte bei der Einsetzung des Weiler Pfarrers geltend machen konnte. Ein Schreiben an den württembergischen Herzog mit dem Titel „Nomination H. M. Jo. Michael Eblin, uf die Pfarrey zu Weyl der Statt“ sowie eine „Instruction vor Wipertus Maister Stattschreiber der Statt Weyl wessen er sich in Sachen der bestellung allhieisger Pfarrey zu verhalten“ wurden für dieses Archivale des Monats transkribiert. Die Originaltexte sowie die Transskriptionen finden sich in der Mediengalerie.
Der neue Pfarrer Eble sollte in der Weiler Geschichte eine wichtige Rolle spielen: im Zuge des „Bürgerlärms“ als sich Bürgerschaft und Rat Weils in einer heftigen Auseinandersetzung befanden, ergriff Eble Partei für seine Gemeinde und geriet in Konflikt mit dem Rat. Diese Auseinandersetzungen zwischen Bürgerschaft und Rat, die sich über mehrere Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts erstreckten, sind bei Werner HUBIG sehr gut beschrieben1 Auf dem Höhepunkt dieser Auseinandersetzung „entführten“ aufgebrachten Weiler Frauen ihren Pfarrer vor dem Zugriff der Obrigkeit und brachten diesen in einem großen Tumult im Augustinerkloster unter. Dabei kam es wohl zu handfesten Auseinandersetzungen, die Anführerin der protestierenden Frauen hatte „besagten Eble umb den leib gefasst über die Staffel herabgebracht“2
Die weltliche und geistliche Ebene waren in diesen Jahren noch eng miteinander verwoben. Dies zeigt sich auch in der archivalischen Überlieferung. Für die genannten Auseinandersetzungen im Weil des 16. Jahrhunderts bieten daher sowohl die reichsstädtischen Bestände als auch das Pfarrarchiv wichtige Quellen.
Fußnoten
[1] Hubig, Werner. 1994. Konflikte in Weil der Stadt während des 17. und 18. Jahrhunderts: Verfassungsentwicklung einer kleinen Reichsstadt von 1648 bis 1803. Bd. 602. Europäische Hochschulschriften. Frankfurt am Main ; Berlin [u.a.]: Lang. – Bibliothek Stadtarchiv Weil der Stadt Signatur E 03 Hub
[2] Stadtarchiv Weil der Stadt, Ratsprotokoll von 1673, Seite 474