Lexicon trilingue

Archival des Monats

Einer der ältesten Bände der Archivbibliothek des Stadtarchivs ist das "Lexicon trilingue" aus dem Jahr 1590.

Lexicon Trilingue aus dem Jahr 1590

(Bestand Archivbibliothek)

Quellenzusammenhang

Die Archivbibliothek umfasst in der älteren Abteilung verschiedenste Bücher ab dem Erscheinungsjahr 1566 bis ungefähr ins Jahr 1945, in der neueren Abteilung ist Literatur aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorhanden, darunter alle bisher erschienenen Publikationen zu Weil der Stadt, die wichtigsten Nachschlagewerke (Lexika, Wörterbücher) für die Quellenarbeit, Standardwerke zur deutschen und württembergischen Geschichte sowie weitere heimatkundliche Literatur. Weiterhin sind die seit 1806 jährlich erschienenen Gesetzblätter Württembergs und des Reichs Teil der Archivbibliothek. Hervorzuheben sind die Wochenblätter für Weil der Stadt und Umgebung, die von 1868 bis heute erschienen sind und fast lückenlos vorliegen. Die Archivbibliothek ist über die Archivdatenbank AUGIAS erschlossen, es gibt einen Autorenkatalog und einen Sachkatalog.

Die Herkunft der Bände der älteren Abteilung lässt sich nicht mehr lückenlos nachvollziehen. Einige Bände können in den Inventarbüchern der Kirchen- und Schulpflege um 1850 nachgewiesen werden, frühere Belege sind bisher nicht möglich gewesen.

Eine erste aber unvollständige Inventarliste der älteren Abteilung der Archivbibliothek stammt aus dem Jahre 1910, als unter Stadtschultheiß Hugo Beyerle die erste heimatgeschichtliche Ausstellung eingerichtet wurde und man sich in Weil der Stadt stärker als bisher seiner eigenen Geschichte erinnerte.

Aus dieser älteren Abteilung der Archivbibliothek soll nun das „Lexicon Trilingue“ vorgestellt werden. Dieses Lexikon ist im Jahre 1590 in „Argentorate“ erschienen – Argentorate war ein römisches Feldlager, welches auf dem Gebiet des heutigen Straßburg lag, die Bezeichnung wurde auch in der Neuzeit noch stellenweise synonym für Straßburg verwendet.

Bereits in seiner äußeren Form ist das Buch im Format Groß-Quart mit 37 cm Höhe und 23 cm Breite eine imposante Erscheinung.

Das dreisprachige Lexikon umfasst die Sprachen Latein, Deutsch und Griechisch und beruht auf dem berühmten Thesaurus des Robert ESTIENNE und einem Wörterbuch des Johannes FRISIUS.

Robert Estienne (* 1503 in Paris, † 7. September 1559, Genf), latinisiert Robertus Stephanus, war ein Philologe, Gelehrter, Buchdrucker und Buchhändler, der reformatorischen Glaubens war und sich der Lehre Calvins anschloss. Zum Zeitpunkt des Drucks vorliegenden Lexikons im Jahre 1590 war er also bereits verstorben, sein Theuasurus linguae latinae galt jedoch bis weit ins 17. Jahrhundert als Standardwerk.

Johannes Frisius (* 1505 Greifensee / Zürich, † 1564 od. 1565 in Zürich) stammte aus der Schweiz und war in seiner Zeit ein bekannter reformierter Theologe und Lateinlehrer, der mehrere Wörterbücher herausgegeben hatte. Auch eine Beziehung zu Weil der Stadt lässt sich nachweisen. So war Frisius ein Schwager des Theologen und Gelehrten Konrad PELLICAN, dessen Vater Konrad KÜRSCHNER wiederum aus Weil der Stadt stammte. In der Autobiographie des Pellicanus („Chronicon“, 1544) schreibt er über seine spätere Frau Anna Frisius: „Da erfuhr ich zufällig, dass die Jungfrau, die ich ausserhalb Zürichs, im Dorfe Maur, gesehen hatte, eine Schwester von Johannes Fries sei. Sie kam auch einigemal, ihren Bruder zu besuchen, und fing nun an, mir immer mehr zu gefallen“1

Pellican, geboren in Rufach, war ein Schüler des aus Weil der Stadt stammenden Scholastikers Paul SCRIPTORIS.

Gedruckt wurde der Band bei der bekannten Straßburger Druckerei RIHEL oder ROICHEL. Die Brüder Josias und Theodosius RIHEL hatten die Straßburger Druckerei von ihrem Vater übernommen. Alsbald nach der Übernahme teilten die Brüder die Druckerei auf. Theodosius druckte in Straßburg in den Jahren von 1555 bis 1625, und wird auch als Drucker des vorliegenden Lexikons genannt: „Excudebat Theodosius Rihelius, anno MDLXXXX“

Ebenfalls auf dem Titelblatt wird auf ein Vorwort des Johannes STURMIUS verwiesen: „Cum praefatione Ioannis Sturmii“. Sturmius, der als Professor für klassische Sprachen in Paris wirkte und 1537 nach Straßburg berufen wurde war ein Anhänger der Reformation und wirkte in Straßburg grundlegend bei der Neuordnung des Schulwesens und der Pädagogenausbildung.

Auch der Einband des Buches ist aufschlussreich: die für das Stadtarchiv Weil der Stadt tätige Restauratorin Caroline GERKEN ist bei einer Begutachtung des Einbands vor einigen Jahren auf den ebenfalls aus Straßburg stammenden Buchbinder Philipp Hoffot oder Hoffardt gestoßen. Aus buchbinderischer Sicht sind am Einband für Hoffart typische Merkmale festzustellen. Der Einband ist auf dem Vorderdeckel mit einer Darstellung der Justitia (Allegorie für die Gerechtigkeit und die Justiz) geprägt, der Rückdeckel mit der Lucretia („Der Selbstmord der Lucretia“ als Motiv für eheliche Treue & Keuschheit). Diese Platten sind für Hoffart kennzeichnend und stilprägend, ebenso wie die Rollen mit Reformatorenköpfen die sich auch auf vorliegendem Einband befinden. Leider konnten die sehr kleinformatigen Profile sowie die darunterliegenden Buchstabenkürzel bislang nicht eindeutig identifiziert werden.

Zu unserem Buchbinder Hoffart gibt es einige wenige biographische Angaben2: so ist er 1565 erstmalig im Bürgerbuch der Stadt Straßburg eingetragen – da eine Eintragung von Bürgersöhnen in diesen Amtsbüchern nicht erfolgte ist Hoffart vermutlich nicht in Straßburg geboren. Auch ist für das Jahr 1567 ein Eintrag in einem Taufbuch der evangelischen reformierten Thomas-Gemeinde zu Hoffarts Tochter Maria zu finden.

Die vielfältigen Verflechtungen der Straßburger Bürgerschaft und deren Zuspruch zum neuen Glauben lassen sich am Beispiel der an dieser Ausgabe beteiligten Personen verdeutlichen: als Pate von Hoffarts Tochter Maria taucht der Drucker Josia Rihel („Gevatter“) auf. Dessen Bruder Theodosius wiederum hatte den Druck des Lexicon trilingue besorgt während Hoffart für die Einbandgestaltung zuständig war. Auch der bereits erwähnte Konrad Pellikan passt als Schwager des ebenfalls der Reformation zugeneigten Zwinglianers Johann Frisius ins Bild dieser reformierten Stadtgesellschaft. Auch der Vorwortgeber Sturmius, der durch den Reformator Martin Bucer nach Straßburg berufen wurde ist diesem „Dunstkreis“ zuzuordnen.

Die Provenienz des Bandes ist noch ungeklärt. Gemäß der „alten“ Signatur auf der Inventarliste des Jahres befand sich der Band bereits 1910 in städtischem Besitz. Eine erste kurze Vermutung, dass das Lexikon Teil der im „Inventarium der St. Peter und Paulskirche“ aus dem Jahr 1628 aufgelisteten Pfarrbibliothek war haben sich nicht bestätigt.

Auf dem Titelblatt sind handschriftliche Eintragungen gemacht, die einen Hinweis auf die früheren Besitzer des Buches geben. Die Entschlüsselung dieser Inschriften ist aber derzeit noch nciht abgeschlossen.

 

[1] Ein Dank für diesen Hinweis geht an Wolfgang Schütz.

[2] Eichler, Ferdinand: Der Strassburger Renaissancebuchbinder Philippus Hoffot. in Jahrbuch der Einbandkunst, 1.1927. Leipzig: Haessel ; Leipzig: Verl. f. Einbandkunst, 1927. Seite 76 - 80