Kreiskonvent des Schwäbischen Reichskreises 1716 in Augsburg

Archival des Monats

Als Reichstadt hatte Weil der Stadt innerhalb des Schwäbischen Reichskreises einen eigenen Sitz auf der "Städtebank" und war bei den Kreiskonventen vertreten - wenn auch nicht immer durch einen eigenen Vertreter wie dieses Archivale des Monats August Zeigt

Das Archivale des Monats

August 2024

„Recehsus deß in deß Heyl. Röm. Reichs Statt Augsburg versamblet gewesene allgemeinen Lobl. Schwäb. Creys Convents“

(Bestand WB Bände Weil der Stadt)

Quellenzusammenhang

Das Heilige Römische Reich deutscher Nation (dieser Name taucht erstmals im Jahre 1512 auf), dessen Ursprung im Ostfrankenreich liegt und dessen erster Kaiser Otto der Große war (Krönung zum Kaiser im Jahre 962), bestand bis zum Jahr 1806.

Das Reich wurde aus unzähligen Territorien geistlicher und weltlicher Herren gebildet und war ein komplexes Gebilde, das einen Kompromiss aus Monarchie und Staatenbund darstellte. Zu den zahlreichen Reichsinstitutionen zählten unter anderem auch die Reichskreise, die ab dem Jahr 1500 eingerichtet wurden.

Die Reichskreise fasste geographisch zusammenliegende Reichsstände zusammen. Insgesamt gab es ab dem Jahr 1500 zunächst sechs, später dann insgesamt  zehn Reichskreise. Man versuchte damit die viele territorialen Gewalten innerhalb des Reiches zu integrieren.

Es gab insgesamt fünf Reichsstände (weltliche und geistliche Fürsten, Prälaten, Grafen und Städte) die zum Reichskreis gehörten, dabei bildete jeder Stand eine eigene so genannte Bank (Fraktion).

Weil der Stadt gehörte als freie Reichsstadt innerhalb des Schwäbischen Reichskreises zur Bank der Städte. Der Kreis war in vier Kreisviertel aufgeteilt, dabei gehörte Weil zum ersten Viertel. Zu den Aufgaben der Reichskreise gehörte neben der Wahrung des Landfriedens, der Einhaltung der Münzordnung und Durchsetzung der Reichsgesetze unter anderem auch die Stellung von Truppen für das Reichsheer.

Die wichtigsten Organe des Schwäbischen Kreises waren der Kreistag und das Kreisausschreibamt. Die Kreiskonvente traten teils im Plenum und teils als Engerer Ausschuss zusammen.

Die Versammlungen der Kreisvertreter fanden zumeist in Ulm, aber auch zum Teil in Augsburg statt.

Der im Stadtarchiv vorliegende „Recehsus“ (für „Rezess als schriftlich fixiertes Verhandlungsergebnis“) stellt im Prinzip die Ergebnisse der Versammlungen der Zusammenkünfte im Mai und Juni 1716 dar.

Durchaus interessant ist auch eine Personalie, die diesem Band entnommen werden kann. Für Weil der Stadt nahm als Vertreter Josef Anton STORR an diesem Kreistag teil: „Weyl. der Statt Gmündts Raths Consulent Herr Joseph Antoni Storr“. Offenkundig hatte der aus Gmünd stammenden STORR sowohl als Vertreter der Reichsstadt Gmünd (heute Schwäbisch Gmünd) als auch Weil der Stadts an diesem Kreiskonvent teilgenommen. STORR (1689 bis 1739) entstammte dem Patriziergeschlecht STORR und war ein Sohn des berühmt-berüchtigten ab 1688 amtierenden Gmünder Bürgermeisters Johann Michael STORR (1650-1715)1 STORR war nach einem rechtswissenschaftlichen Studium ab 1712 bei der Stadt als Rechtsconsulent und Syndicus angestellt. Er vertrat Gmünd ab diesem Zeitpunkt bei den Tagungen des Schwäbischen Reichskreises und verstarb bei einer solchen Tagung 1736 in Ulm.

STORR besaß in Gmünd ein Haus in der Bocksgasse 31, heute auch bekannt als „Palais Debler“2.  Ob die Vertretung Weils durch einen Gmünder Verreter bei den Kreistagen eine einmalige Sache war ist derzeit nicht bekannt. Eine weitere Verbindung zu Gmünd und der Familie Storr von Ostrach findet sich im Weiler Stadtarchiv in einer Akte aus dem Jahr 1773 in der es um Rechtsstreitigkeiten um das zu Weil der Stadt gehörende Möttlinger Hofgut geht, darin enthalten ist Schriftverkehr mit der württembergischen Regierung und mit dem von Weil der Stadt um Rat gefragten Bürgermeister von Gmünd. Dieser Bürgermeister war Joseph Ferdinand Anton STORR (1715-1785), ein Sohn des oben erwähnten Syndicus Joseph Anton. Joseph Ferdinand nannte sich ab 1760 „STORR VON OSTRACH“, er wurde 1753 zum Gmünder Bürgermeister gewählt und verblieb über 30 Jahre bis zu seinem Tod in diesem Amt. Wie Klaus Graf schreibt war er auch überregional angesehen und gut vernetzt – in jedem Fall hat sich Weil als kleine Reichsstadt an ihn für eine fachliche Expertise gewandt. Nachdem man bereits in früheren Zeiten in rechtlichen und politischen Fragen eng mit den benachbarten Reichsstädten Esslingen und auch Reutlingen kooperierte (sei es bei rechtlichem Beistand oder auch bei so profanen Dingen wie dem Straßenpflastern) war man wohl im 18. Jahrhundert mit den Gmündern in gutem Austausch. Ob dabei auch die konfessionelle Ausrichtung – Gmünd war ebenso wie Weil dem katholischen Glauben treu geblieben – eine Rolle spielte wäre zu überlegen.

Im Folgenden eine Transkription der ersten drei Seite des im Stadtarchiv vorliegenden Protokollbandes“, in dem die „Bürokratensprache“ des frühen 18. Jahrhunderts deutlich wird. Ob STORR dieses Protokoll selbst verfasst oder eben diktiert hat ist unbekannt.

 

TRANSKRIPTION

 

Dictat Augsburg

d. 20/22:. Juny 1716

Zu Wissen: alsnach vast verfloßenem

Jahr, von Zeith an der in deß Heyl. Röm.

Reichstadt Ulm gehaltenen allgemeinen

Creys Convents, dises löbl. Schwäb. Creyses

auschreibende Fürsten, Sr. hochfürtl.

Gd. der Herr Bischoff zu Constanz, und Sr.

Hochfürtl. Dhlt. der Herr Herzog zue

Württemberg, nachero, zu Aufrechter-

haltung deß gemeinen […], stets

tragenden patriotischen Eiffer, aus […]

in dem […] No 1. beyliegenden Convoca-

tionsschreiben, angeführten Bewög

ursachen, einer allgemeinen Zusahmen-

kunfft der hoch. und löbl.en Stände des

Creyses, zu dem Ende anhero nacher

deß Heyl. Röm. Reichsstatt Augsburg zu

veranlassen geruehrt, damit nach an-

laittung der No. 2 zu ersehen seyenden

Deliberandorum vernittelst einmüthiger

Berathschlagung und und abfassenden Schluß

 

--- Seite 2----

vor deß lobl. Creyses Wohlfarth möge Bes

orget werden, hierzu auch durch die

abgelegte No 3 befindliche Exposition

die Gelegenheith wirckhlich gegeben worden,

so haben Fürsten und Stände dises Creyses

anhero verodnete hochansehnliche Räthe,

Gesandte, und Bottschafften sich von Zeith

zu Zeith verbündlich dessen verglichen,

was hierunden in mehreren nachfolget

§ 1

Nachdem vorderist nach besehener Überleg

ung wahrzu nehmen gewesen, wie nöthig

es seye, bey denen noch immer sehr weith aus

[…] mißlichen Zeiten in zulänglicher

Verfassung  und Defensions Standt ohn

abbrüchig bestehen zu bleiben, und hier

under die Ahsociations mäßige Corr

spondenz zu pflegen: so hat mann von

Seithen dises Creyses auf besehenen Vor

trag des Deliberandi

 

 

--- Seite 3 ---

[…] Lauth des Concludi […] No 4 vor gutt

angesehen, und sich entschlossen, ahn Sr.

Churfürstl. Gd. zu Maintz wie ver

mittelst N.[…] 5ti geschehen, die Anregung

zuthun, dass Sie geruehen möchten, sambt

lich ahsocyrte Creyse  anzufrischen(?), in der

zu Friedenszeithen bey zu behalten [,,,]

verfassung ohnabrüchig bestehen

zu bleiben, und vermög der Ahsociation

mehrerer Verlässigkeit halber das Vorecht

dahin einzulaitten, daß zwischen ermelten

Löbl. ahsocyrten Creysen, Vermög der zwischen

denselben hierunder fürwaltenden

Verbündlichkeit hiernegst eine […]

Musterung vorgenommen werden möge,

und

 

[1] weiterführende und sehr ausführliche Informationen zur Familie STORR siehe Klaus Graf (12. Dezember 2021). Die Schwäbisch Gmünder Familie Storr/Storr von Ostrach in der Frühen Neuzeit. Archivalia. Abgerufen am 1. August 2024 von https://doi.org/10.58079/cer2.

sowie Hans-Helmut Dieterich, Die Familien der Storr in der Reichsstadt Schwäbisch Gmünd, in: SWDB 39 (2021), S. 71-96

[2] Ein Dank geht an Herr Jannik Staudenmaier vom Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd für seine Informationen zu Joseph Anton STORR.