Die Weil der Städter nahmen den Besuch des Königs als große Ehre und bereiteten ihrem Staatsoberhaupt einen festlichen und würdigen Empfang. Es war wohl dieser Besuch im Juni 1872, der dem Stadtschultheißen Hugo Beyerle die Gelegenheit gab, dem König in wohlgesetzten Begrüßungs- und Abschiedsworten die Ehre zu erweisen. Beyerles Konzept- oder Spickzettel und somit der wörtliche Inhalt seiner Ansprachen sind erhalten geblieben.
Die Schriftstücke sind der Akte „Feierlichkeiten, Königsfest 1816-1916“ entnommen. In der Akte finden sich Briefe von Landesbehörden und vom Oberamt, die den Besuch oder die Durchfahrt des Königs in Weil der Stadt ankündigten.
Kabinettschef Freiherr von Egloffstein an Stadtschultheiß Hugo Beyerle, 2.11.1865:
„Euer Wohlgeboren
Habe ich nach höchstem Befehle mitzutheilen die Ehre, daß Seine Königliche Majestät nächsten Freitag den 3. dieses Monats auf dem Wege nach Wildbad Weil die Stadt berühren werden, hiebei aber für einen etwaigen feierlichen Empfang danken lassen.
Indem ich noch bemerke, daß die Durchreise Seiner Majestät durch Weil die Stadt voraussichtlich auf die Zeit zwischen 12 und 1 Uhr fallen wird, beharre ich hochachtungsvoll
Stuttgart, den 2. November 1865
Der CabinetsChef Egloffstein
Seiner Wohlgeboren dem Herrn Stadtschultheißen Beyerle in Weil der Stadt“
Eisenbahndirektor Geheimrath von Dillenius an Stadtschultheiß Beyerle, 11.6.1872:
„Stuttgart, den 11.6.
Euer Wohlgeboren!
Seine Majestät der König werde am Montag den 17. dies[es Monats] mit der Eisenbahnfahrt nach Calw-Nagold von 11 Uhr 18 Minuten bis 11 Uhr 42 Minuten vormittags in Weilderstadt anhalten, um das Kepplerdenkmal zu sehen (und vielleicht auch die restaurirte Kirche, wenn diß nicht schon früher geschehen ist). Seine Majestät wollen, günstige Witterung vorausgesetzt, den Weg vom Bahnhof zum Marktplatz zu Fuß machen. Als Auftrag des Herrn Generals von Spitzemberg Exc[ellenz] welcher Seine Majestät den König begleiten wird, geb ich Ihnen hievon mit dem Ersuchen Kenntniß, mir für den Herrn von Spitzemberg eine Notiz zuzusenden, welche Herren von Weilderstadt zum Empfang auf den Bahnhof und auf dem Marktplatz anwesend sein werden. Wenn ich eine Meinung äußsern darf, so würde die Absendung einer kleinen Deputation auf den Bahnhof am Platze sein, während die übrigen Herren seine Majestät auf dem Marktplatze erwarten können; übrigens habe ich die bezügliche Anordnung Ihrem eigenen
Ermessen anheimzugeben. Eine Notiz derley, wer Seine Majestät den König anreden und führen wird, wäre wohl auch erwünscht. Sollten Euer Wohlgeboren Näheres mit mir besprechen wollen, so finden Sie mich am 14. diesen Monats Zug 184 und 185 auf dortigen Bahnhof, zu welcher Zeit ich auch den ausgearbeiteten Fahrplan bei der Hand haben werde; an diesem Tage nemlich befinde ich mich einer Ausstattungsfahrt wegen auf der Nebenbahn.
Mit aufrichtiger Hochachtung
Ergebener Geheimrath Millenius
Eisenbahndirektor“
Oberamtmann Goll an Stadtschultheiß Hugo Beyerle, 12.6.1872
„Verehrter Herr Stadtschultheiß!
Indem ich Ihnen für die geflissentliche Nachricht von dem bevorstehenden Besuche Seiner Majestät des Königs in Weilderstadt freundlich danke, habe ich Ihnen zu erwiedern die Ehre, daß der Herr Geheime Rath von Dillenius mir dieselbe Mitteilung gemacht und zugleich erlaubt hat, ihn am 14. des Monats im Bahnzuge Nr. 184 auf der Station Leonberg zu sprechen. Ich werde hievon Gebrauch machen und Ihnen das Ergebniß meiner Unterredung mittheilen. Wahrscheinlich werde ich den Herrn Geheimen Rath nach Weilderstadt begleiten. Inzwischen verbleibe ich mit Hochachtung und freundlicher Begrüßung
Ihr
Ganz ergebener Oberamtmann Goll
Leonberg 12. Juni 1872“
Ehrbezeugungen des Stadtschultheißen Hugo Beyerle an König Karl anlässlich dessen Besuchs in Weil der Stadt, o. Dt.
„Eurer Majestaet legen wir die ehrfurchtvollste Begrüßung der Einwohner Ihrer Stadtgemeinde Weilderstadt allerunterthämigst zu Füßen; die Stadt ist hocherfreut über diesen abermaligen allergnädigsten Besuch Eurer Majestaet und fühlt sich hoch begnadigt, sie sendet uns, Eurer Majestaet nicht nur diese hohe Freude auszusprechen, sondern auch Eurer Majestaet der steten Treue und Anhänglichkeit Weilderstadts an sein erhabenes Königshaus ehrfurchtvollst zu versichern.“
„Abschied
Königliche Majestaet! Zum allerunterthänigsten Abschiedsgruß Ihrer Stadt Weilderstadt nochmals deren tiefgefühltesten Dank für die heute hohe Gnade! Mögen Euere Majestaet und Ihre Majestaet unsere allverehrte Königin Olga noch lange Jahre wie bisher zum Glücke des Vaterlandes Ihren getreuen Württembergern in bestem Wohlergehen erhalten bleiben und möchte der heutige hohe Freudentag für Weilderstadt nicht einer der letzten gewesen sein. Eure Majestaet! Diese Hoffnung wagen wir Eurer Majestaet ehrfurchtsvollst zu Füßen zu legen.“